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18. September 2006, von Michael Schöfer
Rüttgers hat doch recht


Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) bezeichnete kürzlich die Ansicht, wonach Steuersenkungen und Lohnverzicht automatisch dazu führen würden, daß Arbeitsplätze entstehen, als "Lebenslüge". Von seinen Parteikollegen wurde er daraufhin heftig gescholten. Kein Wunder, verfolgt doch die Union schon seit Jahrzehnten einen Kurs, der genau das beinhaltet. Die versprochenen Erfolge auf dem Arbeitsmarkt blieben freilich bislang aus. Schlecht für eine Theorie, wenn sie nicht der Realität entspricht. Bekanntlich will die Bundesregierung die Unternehmensteuern demnächst erneut reduzieren, hartnäckig hält man somit an der Lebenslüge fest. Wie das Statistische Bundesamt gerade mitgeteilt hat, waren im Juli 2006 "in den Betrieben des Bergbaus und des Verarbeitenden Gewerbes 5,9 Millionen Personen beschäftigt - das waren 0,4 Prozent weniger als noch ein Jahr zuvor", obgleich der Umsatz "deutlich um sieben Prozent auf 128,7 Milliarden Euro" gestiegen ist. "Von Januar bis Juli zeigt sich der Trend noch deutlicher. Während die Beschäftigung um 0,9 Prozent sank, legte der Umsatz um knapp sieben Prozent zu." [1] Jürgen Rüttgers hat also doch recht. Den Unternehmen geht es gut, aber sie schaffen keine Arbeitsplätze. Insofern haben weitere Unternehmensteuersenkungen überhaupt keinen Sinn. Es wird höchste Zeit für die Union, sich von der Lebenslüge zu verabschieden, anstatt den Überbringer der schlechten Nachricht zu attackieren.

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Frankfurter Rundschau vom 15.09.2006