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05. Oktober 2017, von Michael Schöfer
Apple erlaubt sich, die User zu bevormunden


Apple ist schon eine komische Firma geworden. Früher schmückte sich der Konzern mit dem Image eines Rebellen. Das Establishment, das inhärent Böse, hörte auf den Namen Microsoft. Heute ist das anders: Während Microsoft-Gründer Bill Gates bis zu seinem Tod fast sein gesamtes Privatvermögen spenden will (über die Details kann man zu Recht streiten), glänzt Apples Steuervermeidungsstrategie mit geradezu obszönen Steuersätzen in Höhe von 0,005 Prozent. Sollen doch die anderen Straßen, Schulen oder die Polizei finanzieren.

Auch technisch ist Apples Vorreiterrolle fragwürdig geworden. Das neue Betriebssystem (iOS 11) für mein iPad Air 2 ist gerade mal seit zwei Wochen auf dem Markt - und schon sind zwei Updates notwendig geworden. Es gab Probleme, bei mir klappte zum Beispiel die Rückkehr vom WLAN auf das Mobilfunknetz nur durch einen Neustart. Dabei müsste Cupertino die vergleichsweise kleine Hardwarebasis doch eigentlich voll im Griff haben, weil das Betriebssystem nur auf Apple-Geräten läuft. Für mein 2012 erworbenes iPad 3 gibt es längst keine Sicherheitsupdates mehr. Bei dem Gedanken daran ist mir ein bisschen unwohl. Auf dem PC habe ich da keine Probleme, selbst für ein 2001 gekauftes Notebook bekomme ich noch problemlos Updates. Es läuft mit dem aktuellen Xubuntu. Nicht superschnell, aber zum Surfen und als Schreibmaschine allemal geeignet. iOS 11 sieht jetzt ein bisschen gefälliger aus, doch über die Sinnhaftigkeit der Änderungen kann man streiten. Der Schalter für die adaptive Helligkeit findet sich neuerdings - wie sinnig - nicht mehr unter "Anzeige & Helligkeit", sondern unter "Allgemein / Bedienungshilfen/ Display-Anpassungen". Nun ja. Einst war Apple ein Synonym für intuitives Arbeiten.

Dafür erlaubt sich die Firma, mich zu bevormunden. Meine eBooks bekomme ich zwar auf das iPad, aber nicht von dort auf den Computer. Der Export scheitert an der fehlenden Exportfunktion. Mein iPad ist gewissermaßen abgeriegelt. Warum? Was gehen Apple meine eBooks an? Das finde ich ziemlich unverfroren. Und wenn ich mein altes iPad von meiner Apple-ID entknüpfen will, weist mich die Firma darauf hin: "Je nachdem, wann Sie Ihr Gerät mit Ihrer Apple-ID verknüpft haben, müssen Sie möglicherweise bis zu 90 Tage warten, bevor Sie das Gerät mit einer anderen Apple-ID verknüpfen können." Diese kundenfreundliche Regelung (Achtung: Ironie!) erschließt sich mir nicht einmal auf den dritten Blick.

Alles in allem werde ich es mir gut überlegen, ob ich noch einmal zu Produkten mit dem Apfel greife. Ach, das waren eben noch Zeiten, als man mit dem Apple LC III hochnäsig auf die "Dosen" herabblicken konnte...