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30. September 2017, von Michael Schöfer
Direktwahlkreise abschaffen ist die einfachste Lösung


Der Deutsche Bundestag besteht laut Bundeswahlgesetz aus 598 Abgeordneten: 299 Wahlkreisabgeordnete und die gleiche Anzahl über die Landeslisten der Parteien gewählte. So lautet zumindest die Theorie, faktisch sind es mehr als 598: Der 15. Deutsche Bundestag bestand aus 603 Abgeordneten, der 16. Deutsche Bundestag aus 614, der 17. Deutsche Bundestag aus 622, der 18. Deutsche Bundestag aus 631. Und der am 24. September gewählte 19. Deutsche Bundestag wird aus 709 Abgeordneten bestehen. Das sind 18,6 Prozent mehr, als das Wahlgesetz vorsieht. Rekord! Grund sind die vielen Überhangmandate, die voll ausgeglichen werden.

Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei viele Direktwahlkreise gewinnt und damit mehr Abgeordnete hat, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würden. Direkt gewählte Abgeordnete bekommen natürlich immer ein Mandat. Aber damit andere Parteien, die weniger Wahlkreise erobern, dadurch keine Nachteile erleiden, bekommen sie Ausgleichsmandate. Alles andere würde auch den Wählerwillen verfälschen. Das schlechte Zweitstimmenergebnis der Union bei der Bundestagswahl 2017 führte zwangsläufig zu einem aufgeblähten Parlament. Solange sieben Parteien in den Bundestag einziehen, wird sich das auch wohl kaum ändern.

Lösung: Schafft die Direktwahlkreise ersatzlos ab, dann erübrigen sich die Überhandmandate und demzufolge auch die Ausgleichsmandate von alleine. Wer braucht eigentlich Wahlkreisabgeordnete? Keiner. Am Wochenende den direkten Kontakt mit den Wählerinnen und Wählern pflegen? Dass ich nicht lache... Das geht dank der modernen Kommunikationstechnik viel, viel besser. Man braucht einen Abgeordneten, der tatsächlich erreichbar ist. Wo der konkret sitzt, vor Ort oder im 480 km entfernten Berlin, ist heutzutage vollkommen irrelevant. Werden die Direktwahlkreise ersatzlos abschafft, hat der Bundestag endlich wieder die vorgeschriebene Anzahl an Abgeordneten. Damit die Wählerinnen und Wähler trotzdem bestimmte Persönlichkeiten bevorzugen können, müssten sie anstatt der unveränderten Liste auch einzelne Kandidaten wählen dürfen. Die Reihenfolge der Landesliste bestimmt dann das persönliche Stimmergebnis.