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26. September 2017, von Michael Schöfer
Gemäßigt sein ist relativ


So schnell kann das gehen: Vor zwei Jahren galt Frauke Petry, die damals den AfD-Gründer Bernd Lucke aus dem Amt des Parteivorsitzenden drängte, noch als Intrigantin und Scharfmacherin. Der national-konservative Parteiflügel habe über den wirtschaftsliberalen Parteiflügel gesiegt, hieß es, was allenthalben als Rechtsruck der AfD interpretiert wurde. Galionsfigur des national-konservativen Parteiflügels: Frauke Petry. Jetzt behauptet sie plötzlich, Realpolitik machen zu wollen, und wird von den Medien als Vertreterin des gemäßigten Parteiflügels präsentiert. Ihre Weigerung, Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion zu werden, soll ihr neues Image unterstreichen. Der angekündigte Parteiaustritt tut hier ein Übriges.

Doch so schnell wird aus einer Scharfmacherin keine akzeptable Reala. Politische Standorte sind relativ. Wenn Petry innerhalb der AfD neuerdings als gemäßigt gilt, bedeutet das nicht, dass sie auch im politischen Spektrum der Bundesrepublik eine gemäßigte Position einnimmt. Muss man wirklich daran erinnern, dass Petry am 30. Januar 2016 in einem Interview mit dem Mannheimer Morgen den Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge befürwortete? Frage MM: "Wie soll ein Grenzpolizist in diesem Fall [wenn ein Flüchtling über den Grenzzaun klettert und deutschen Boden betreten will] reagieren? Petry: Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen." Seinerzeit hat sich übrigens Alexander Gauland von Petrys Äußerung distanziert. Ja, genau der Gauland, der heute gerne mit rassistischen Äußerungen provoziert.

Wer glaubt, Petry sei tatsächlich gemäßigt, fällt auf eine Inszenierung herein. Selbst wenn die AfD abermals nach rechts rückt, ändert das an der Einschätzung der Person von Frauke Petry keinen Deut, ihr Standort dürfte nämlich noch der gleiche sein wie vor ein oder zwei Jahren. Und schon damals galt sie in meinen Augen als inakzeptabel.