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06. Juli 2017, von Michael Schöfer
Ob die Zuschauer mitziehen?


Es ist eine Wette. Eine Wette darauf, dass möglichst viele nicht mehr ohne auskommen können. Nein, es geht hier nicht um Alkohol oder andere Drogen, sondern um Sportereignisse. Die Fußball-Champions League wird nämlich ab 2018 nur noch im Pay-TV zu sehen sein. Unter Umständen verschwindet die Formel 1 demnächst ebenfalls hinter der Bezahlschranke. Die Wette lautet: Es gibt genug Zuschauer, die die Sportereignisse so interessant finden, dass sie dafür auch bereitwillig zahlen. Selbstverständlich müssen die Pay-TV-Sender die teuer erkauften Übertragungsrechte möglichst gewinnbringend verwerten, sprich Werbeblöcke füllen und Abonnenten hinzugewinnen.

Die Haupttriebfeder des Ganzen sind die astronomischen Gehälter der Spitzensportler, für deren Bezahlung Fußballunternehmen wie die FC Bayern München AG entsprechende Einnahmen generieren müssen. Die Zeit, in der die Stadionzuschauer die Haupteinnahmequelle waren, ist inzwischen vorbei. Der Umsatz der FC Bayern München AG aus Werbung und Sponsoring betrug im Geschäftsjahr 2015/2016 169,8 Mio. Euro, vom Merchandising kamen 108,2 Mio. in die Schatulle, aus Transfer-Erlösen 34,8 Mio. und aus der TV-Vermarktung 83,4 Mio. Der Spielbetrieb brachte dagegen nur 166 Mio. ein. Allein mit Letzterem hätte das Unternehmen also kaum die Personalkosten in Höhe von 260,3 Mio. stemmen können. Und die Spielergehälter explodieren geradezu: Lionel Messi vom FC Barcelona soll Presseberichten zufolge bislang pro Jahr 40 Mio. Euro verdient haben, künftig sollen es 52 Mio. sein. Plus eine Sonderprämie in Höhe von 50 Mio.

Nun, der Zuschauer wird schon mitziehen und immer tiefer die Tasche greifen. Oder doch nicht? Scheitern die Pay-TV-Sender bei der Refinanzierung ihrer teuer erworbenen Rechte, weil weniger Zuschauer als erhofft bereit sind, für deren Sport-Pakete Geld locker zu machen, kommen sie gehörig in die Bredouille. Sollte die Wette allerdings aufgehen, werden nach und nach die meisten Sportereignisse von den Öffentlich-Rechtlichen ins Pay-TV abwandern. Aber das Gute ist: Niemand wird gezwungen, sich Sportereignisse auch tatsächlich anzusehen. Wir haben die freie Entscheidung.