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12. Mai 2017, von Michael Schöfer
Loyalität ist bei Trump eine Einbahnstraße


Der ehemalige FBI-Chef James Comey ist mir vor allem durch seine wahlbeeinflussende Erklärung aufgefallen, in der er elf Tage vor dem Wahltag die Wiederaufnahme der Ermittlungen gegen Hillary Clinton ankündigte, nur um zwei Tage vor dem Wahltag der verblüfften Öffentlichkeit mitzuteilen, er habe die Ermittlungen wieder eingestellt, weil keine Straftat Clintons zu erkennen sei. Immerhin handelte es sich um Tausende E-Mails, die zudem bereits Anfang Oktober entdeckt worden sind. Warum kündigte Comey die Ermittlungen so kurz vor dem Wahltag an? Warum hat er nicht abgewartet, ob sich dort überhaupt belastende Beweise finden? Und konnte man so viele E-Mails überhaupt in so kurzer Zeit gründlich untersuchen? Von daher habe ich wenig Mitleid mit dem geschassten FBI-Chef.

Doch über das Herrschaftssystem von Donald Trump bin ich erstaunt. Im Januar hat der US-Präsident Comey gebeten, im Amt zu bleiben. Nun beschimpft er ihn als "Angeber" und "Aufschneider". Er habe ihn ohnehin entlassen wollen. Außerdem droht Trump damit, Comey möge hoffen, dass es von seinen Gesprächen mit ihm keine Tonaufnahmen gibt. So erratisch seine bisherige Amtsausübung war, so erratisch ist er im Umgang mit seinen Untergebenen. Jetzt weiß jeder, dass Loyalität bei Trump eine Einbahnstraße ist und man sich bei ihm auf nichts verlassen kann. Aber einsame Präsidenten sind angreifbare Präsidenten. Wer sich so ungeschickt verhält, hat viele Feinde. Und wenige, auf die er sich wirklich verlassen kann. Nicht umsonst regiert im Weißen Haus ein Familienclan - neben Donald Trump selbst noch seine Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner. Wir werden wegen Trump noch oft kopfschüttelnd vor dem Fernseher sitzen.