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04. Januar 2018, von Michael Schöfer
Wir sitzen da und können nichts dagegen tun


Das ist typisch für Egomanen: Sie sind anderen wohlgesonnen, solange diese nutzbringend sind. Aber wirklich keinen Moment länger. Es kommt unweigerlich der Tag, an dem sie ihre Mitstreiter, manchmal aus für Außenstehende unerfindlichen Gründen, plötzlich wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Und einer der größten Egomanen auf diesem Planeten ist derzeit US-Präsident Donald Trump.

Der vulgäre Kandidat machte Bannon im August 2016 zu seinem Wahlkampfleiter, er muss also schon damals große Stücke auf ihn gehalten haben. Und es hat ja bekanntlich auch funktioniert, der pöbelnde New Yorker Immobilien-Tycoon eroberte im November 2016 das Weiße Haus. Als Trump kurz nach seiner Wahl Reince Priebus zum Stabschef und Steve Bannon zu seinem Chefstrategen machte, stellte er beide folgerichtig als "höchst qualifizierte Führungspersonen" vor. Sie würden mit ihm gemeinsam "daran arbeiten, Amerika wieder großartig zu machen." [1] Priebus, ehedem Vorsitzender der Grand Old Party, hielt bis Ende Juli 2017 durch, Bannon immerhin einen Monat länger.

"Ich möchte Steve Bannon für seinen Dienst danken", schrieb Trump, als sein Chefstratege das Weiße Haus verließ. [2] Trumps gute Wünsche begleiteten ihn. "Steve Bannon wird die taffe und kluge neue Stimme von Breitbart News sein. Vielleicht sogar noch besser als jemals zuvor." Doch inzwischen ist das einst enge Verhältnis stark abgekühlt. "Steve Bannon hat nichts mit mir oder meiner Präsidentschaft zu tun", lässt der Präsident nun mitteilen. "Als er gefeuert wurde, hat er nicht nur seinen Job verloren, sondern auch seinen Verstand." [3] Außerdem habe Bannon mit Trumps historischem Wahlsieg nichts zu tun. Das ist natürlich angesichts der Vorgeschichte höchst verwunderlich und zudem falsch. Als Bannon zum Wahlkampfleiter ernannt wurde, war Trumps Kampagne erkennbar in der Krise. Bannon holte ihn da heraus und hatte am späteren Triumph zweifelsohne einen großen Anteil.

Doch Trump tritt wie üblich nach: "Bannon habe seine Zeit im Weißen Haus mit dem Leaken falscher Informationen an die Medien verbracht, um - so Trump wörtlich - 'sich damit wichtiger zu machen als er tatsächlich war'. Dies sei das Einzige, was sein früherer Chefstratege wirklich gut könne." [4] Ironischerweise soll Steve Bannon Trumps Tochter Ivanka im Frühjahr 2017 für die zahlreichen Durchstechereien verantwortlich gemacht haben, sie sei die "Königin der Leaks". "Du bist ein verdammter Lügner!", erwiderte Ivanka angeblich. [5] Das ist charakteristisch für Egomanen: Erst loben sie irgendjemanden über den grünen Klee, sobald dieser jedoch seinen Nutzen für sie verloren hat, bekommt er ordentlich eins übergebraten. Motto: Es kann nur einen geben. In all seiner großartigen Herrlichkeit, versteht sich.

Es gibt keinen Grund, Mitleid zu haben - weder mit Trump noch mit Bannon. Aber die Vorgänge belegen abermals, wie chaotisch Donald Trumps Präsidentschaft ist. Und wenn er sich in der Art eines Schulhofschlägers öffentlich mit Kim Jong-un darüber streitet, wer von beiden nun den größeren Atomknopf hat, lässt das sämtliche Alarmsirenen aufheulen. Bei einem ordinären Schulhofschläger wäre das nicht weiter von Belang, aber beim Oberbefehlshaber der stärksten Armee der Welt muss uns das wohl oder übel interessieren. Dieser US-Präsident hat sich und sein Umfeld einfach nicht im Griff, er ist offenbar zu keinem systematischen und rationalen Handeln imstande. Trumps erratisches Verhalten ist für die ganze Welt eine ernste Gefahr. Und das Schlimme ist: Wir sitzen da und können nichts dagegen tun.

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[1] Hannoverische Allgemeine vom 14.11.2016
[2] n-tv vom 19.08.2017
[3] tagesschau.de vom 04.01.2018
[4] tagesschau.de a.a.O.
[5] Vanity Fair vom 21.12.2017