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13. August 2019, von Michael Schöfer
Wir werden es recht schnell merken


Die jüngste von zahlreichen Hiobsbotschaften: Die Tierbestände in den Wäldern sind zwischen 1970 und 2014 im Schnitt um 53 Prozent zurückgegangen. 1970 lag der Earth Overshoot Day (Erdüberlastungstag) noch ganz am Ende des Jahres, der Ressourcenverbrauch der Menschheit war damals also noch einigermaßen umweltverträglich. Heute ist der 29. Juli Earth Overshoot Day. Ein Zusammenhang ist kaum zu leugnen, da ist offenkundig etwas aus dem Lot geraten.

Doch was machen die Menschen? Wählen Jair Bolsonaro zum brasilianischen Präsidenten, dem der Regenwald im Amazonasgebiet vollkommen egal ist. Die Abholzung hat sich dort zuletzt enorm verstärkt. Wir Europäer sind keineswegs besser, denn wir wählen Politiker wie Jean-Claude Juncker, unter dessen Führung die Europäische Union mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten ein Freihandelsabkommen abschließt, das die Abholzung am Amazonas beschleunigen wird. Außerdem sollen bedrohte und gefährdete Tier- und Pflanzenarten künftig nach dem Willen der US-Regierung weniger Schutz genießen, wirtschaftliche Aspekte hingegen wieder mehr Gewicht erhalten. Stimmt, auch Donald Trump wurde gewählt. Wie heißt es so schön: Die dümmsten Kälber… Zwangsläufige Folge: Die Aussterberate wird sich weiter erhöhen. Aus alldem kann man nur ein Fazit ziehen: Die Rettung der Erde lohnt sich einfach nicht. Ökonomisch, meine ich.

Es ist wirklich interessant, in den Geschichtsbüchern nicht bloß etwas über den Kollaps vergangener Kulturen zu lesen, sondern den aktuellen Kollaps hautnah mitzuerleben. Wäre es nicht so ernst, könnte man sich amüsiert zurücklehnen, um diesem grandiosen Schauspiel menschlicher Dummheit schmunzelnd zuzusehen. Ein Schauspiel übrigens, bei dem wir nicht wie sonst üblich zu Beginn der Vorstellung unseren Eintritt bezahlen, sondern die Zeche ausnahmsweise an deren Ende zu entrichten ist. Wie bitte, Sie fragen mich nach dem Eintrittspreis? Nun, wir selbst sind der Preis. Unsere Spezies. Es geht ums Überleben des Homo sapiens.

Schade, dass die Weissagung der Cree eine Fälschung ist, denn sie hätte so gut gepasst: "Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann." Wobei es letztlich vollkommen irrelevant ist, ob sie historisch wahr oder falsch ist, denn die Aussage stimmt absolut. So wie es derzeit aussieht, werden wir es recht schnell merken.