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23. April 1998, von Michael Schöfer
Ein dreifach Hoch auf die Wissenschaft


Die jüngsten Erkenntnisse der Forschung sind geradezu phänomenal. Männer haben beispielsweise nach einer kürzlich in Dänemark veröffentlichten Untersuchung satte 16 Prozent mehr Gehirnzellen als Frauen. Sie verfügen im Durchschnitt über 23 Mrd. Neuronen, Frauen hingegen nur über 19 Mrd. (Frankfurter Rundschau v. 29.07.1997). Chauvinisten haben das im Grunde schon immer gewußt. Aber es gebe, so wurde von den Forschern vorsichtshalber betont, keinen direkten Zusammenhang zwischen Intelligenz und Anzahl der Gehirnzellen, was immerhin zu denken geben sollte. "Wir wissen nicht, wozu die Männer ihre zusätzlichen Hirnzellen verwenden", heißt es in der Studie. Marion, der weibliche Teil der LIANE-Redaktion, angesichts des Niveaus mancher Beiträge der übrigen Redaktion (der, den Sie gerade lesen, gehört natürlich nicht dazu) ebensowenig.

Männer und Alkohol
Alkoholiker dürfen sich, zumindest dem britischen (!) Institut für Haarkunde zufolge, über eine positive Nebenwirkung ihrer Sucht freuen: Sie leiden weniger unter Haarausfall. Das Institut gab nämlich bekannt, "übermäßig zu trinken, sei eine der sichersten Möglichkeiten, Kahlköpfigkeit zu vermeiden. Männer mit Glatze hätten eine überdurchschnittlich hohe Menge des männlichen Hormons Testosteron im Blut". Bei lebergeschädigten Alkoholikern sei der Testosteron-Spiegel - und demzufolge der Haarausfall - geringer (Frankfurter Rundschau v. 28.07.1997). Herren der Schöpfung aufgepaßt: Wer bisher vergeblich nach einer Begründung fürs Saufen gesucht hat, hier ist sie. Zudem bekommt man dadurch noch nicht einmal einen Bauch, denn eine von britischen (!) Herstellern (auf der Insel sucht man offenbar krampfhaft nach einer Rechtfertigung für exzessive Trunksucht) neu entwickelte Wunderpille sorgt selbst bei hohem Alkoholkonsum für eine schlanke Figur  (Frankfurter Rundschau v. 19.09.1997). Früher haben alle angenommen, Saufen mache unattraktiv. Pustekuchen, die dicken Männer mit Glatze sind in Wahrheit alles Antialkoholiker. Schade, daß Säufer mangels Testosteron mit ihrer Attraktivität wiederum nicht viel anfangen können (na, Sie wissen schon was ich meine). Immerhin resultiert daraus ein Mindestmaß an ausgleichender Gerechtigkeit.

Gut versichert
Kennen Sie Simon Burgess? Nein? Sollten Sie aber schleunigst kennenlernen, denn der Londoner Versicherungsmakler (quasi der britische Herr Kaiser) kann Sie gegen alle erdenklichen Unwägbarkeiten des Lebens versichern. Absoluter Renner: Eine Versicherung gegen die Entführung durch Außerirdische (Frankfurter Rundschau v. 30.09.1997). Kostet pro Jahr schlappe 300 Mark. Und im Schadensfall bekommen Sie dann drei Millionen. Wird man von Aliens geschwängert oder gar angefressen, erhöht sich die Summe noch einmal beträchtlich. Haken bei der Sache: Sie müssen die Entführung nachweisen. Bisher ist das noch keinem gelungen (vermutlich gibt es Außerirdische wirklich nur im Kino). Überweisungen nach Alpha Centauri (4,32 Lichtjahre von der Erde) oder auf den Andromedanebel (2,25 Mio. Lichtjahre entfernt) würden dagegen keinerlei Probleme bereiten. Versicherungen sind eben Vertrauenssache. Jetzt denken Sie bestimmt, Burgess sei arm wie eine Kirchenmaus. Falsch gedacht. Binnen eines Jahres hat er damit schon 4,2 Mio. Mark umgesetzt, inzwischen genießen 14.000 Kunden seinen Versicherungsschutz. Und von der Police gegen unbefleckte Empfängnis hat er auch schon an die tausend verkauft. Die gegen "sexuelle Belästigung durch den amtierenden US-Präsidenten" wurde allerdings vom Markt genommen. Versicherungen müssen ja schließlich von etwas leben.

Aufrechte Konservative
Die Zeiten ändern sich. Leider nicht immer zum Guten. Betrachten wir nur mal den Bereich der deutschen Sprache. Bei Jugendlichen ist längst alles "cool" oder "megastark", das fällt sogar den Erwachsenen nicht mehr allzu schwer. Und wie positiv die Rechtschreibreform angekommen ist, brauche ich hier überhaupt nicht zu erwähnen. Das wissen Sie ja selbst. Auch im Mannheimer Gemeinderat sind seit einiger Zeit ganz neue Begriffe en vogue, etwa die Bezeichnung "hinterfotzig" (Mannheimer Morgen v. 22.01.1998). Dr. Jens Kirsch (CDU) ist aufrichtig dafür zu danken, daß er wenigstens den Schimpfwortsprachschatz von den allseits gebräuchlichen Anglizismen freihält. Die verhunzen uns nämlich alles. Hätte Herr Kirsch "fuck you" gesagt oder demonstrativ den Effenberg-Finger dargeboten, wäre das natürlich äußerst verwerflich gewesen. So erhielt er vom OB nur einen harmlosen Ordnungsruf. Zum Glück gibt es noch aufrechte, sprachbewußte Konservative und vor allem: verständnisvolle Sozialdemokraten.

(Zur Erläuterung: Die LIANE ist die Kreisverbandszeitung von Bündnis 90/Die Grünen - KV Mannheim)