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27. Januar 2007, von Michael Schöfer
Lohnzurückhaltung


Letzten Montag war in der Frankfurter Rundschau mal wieder eine jener unübertroffenen Karikaturen von Thomas Plaßmann, dem mehrfach preisgekrönten Karikaturisten, der vieles mit einfachen Mitteln auf den Punkt bringt. Gezeigt wird ein Arbeiter, der zu unterschiedlichen Zeiten vor einem Plakat steht:
  • Damit es wieder aufwärts geht: Lohnzurückhaltung!
  • Den nahenden Aufschwung nicht gefährden: Lohnzurückhaltung!
  • Den Aufschwung bewahren: Lohnzurückhaltung!
  • Damit es nicht wieder abwärts geht: Lohnzurückhaltung!
Von Plakat zu Plakat blickt der Arbeiter betroffener drein. Plassmann karikiert damit die gebetsmühlenhaft vorgetragene Forderung nach Lohnzurückhaltung.

Wie sehr die Bevölkerung das mittlerweile verinnerlicht hat, zeigt folgende Begebenheit: Zufällig hörte ich in einer Kneipe das Gespräch von ein paar Beamten mit. Zur Erläuterung: Das sind die, die sich um ihren Arbeitsplatz keinerlei Sorgen machen müssen. Einer zog über die aktuelle Lohnforderung der IG Metall her. 7 Prozent sei viel zu hoch und die Gewerkschaft gefährde damit den Aufschwung. Aha, dachte ich mir, die alte Leier. Wann überhaupt jemals der richtige Zeitpunkt für höhere Lohnforderungen gekommen sei, wurde bedauerlicherweise nicht erörtert. Überrascht war ich dann allerdings, als sich der gleiche Beamte fast im selben Atemzug bei einem anderen über seine Beförderungschancen erkundigte. Potzblitz, den IG-Metallern den Schluck aus der Pulle missgönnen, aber selbst einen Schluck aus der Pulle nehmen wollen. Das nenne ich schlüssig. Die Diskrepanz des Gesagten ist übrigens keinem der Beteiligten aufgefallen.