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18. Januar 2007, von Michael Schöfer
Wasserstoff ist die Zukunft


In puncto Energiepolitik sollte man sich endlich von Illusionen verabschieden, denn nur ein realistischer Blick auf die Tatsachen lässt uns den richtigen Weg einschlagen. Eine Illusion ist beispielsweise die Kernkraft, sie ist relativ teuer und ohnehin nur für eine kurze Übergangsperiode nutzbar. Vor allem hinterlässt sie uns strahlenden Atommüll, der über mehrere Millionen Jahre absolut sicher gelagert werden muss - ein weltweit bislang völlig ungelöstes Problem.

Aber auch die extensive Nutzung von Bio-Sprit ist so eine Illusion. Der Gedanke, mit nachwachsenden Rohstoffen von den Äckern unsere Autos zu betreiben, ist bestechend. Immerhin könnte man dadurch eine zusätzliche Belastung der Atmosphäre mit Kohlendioxid vermeiden und auf diese Weise den Treibhauseffekt abmildern. Das, was dann aus den Auspufftöpfen käme, hätten die Pflanzen zuvor der Luft entzogen. Der Plan hat Charme, ist aber nicht realisierbar: Um 10 Prozent ihres Kraftstoffbedarfs zu decken, bräuchten die USA 30 Prozent ihrer Agrarfläche, die alten EU-15-Staaten sogar 72 Prozent. [1] Selbst wenn wir aufs Essen ganz verzichten würden, gelänge es nicht, auf diesem Weg den Energiebedarf des Straßenverkehrs abzudecken. Wie man leicht erkennen kann, ist Bio-Sprit demzufolge keine Lösung, die über eine geringfügige Beimengung hinausgeht.

In großem Maßstab können wir unseren Energiebedarf nur mit solarem Wasserstoff befriedigen - das jedoch auf Dauer. Sonne ist genug vorhanden, Wasserstoff ebenfalls. Man könnte den Wasserstoff in den sonnenreichen Gebieten der Erde produzieren und mit Tankschiffen oder Pipelines transportieren. Selbstverständlich enthebt uns das keineswegs der Aufgabe, durch Energieeinsparung generell weniger Bedarf zu entwickeln. Auch Windenergie, Photovoltaik, Biogasanlagen und Wasserkraft werden gewiss einen Teil zur Deckung unseres Bedarfs beitragen. Der Anteil der fossilen Energieträger wird hingegen schon allein aufgrund ihres Preises zurückgehen. So hat etwa China zwischen 1994 und 2004 seinen Primärenergieverbrauch um 70,8 Prozent gesteigert. Geht es in diesem Tempo weiter, wird China in zehn Jahren mehr verbrauchen als die USA heute - mit allen daraus resultierenden Konsequenzen für Umwelt und Energiemärkte. Ein nüchterner Blick auf die Tatsachen lässt gar keine andere Lösung zu: Wasserstoff ist die Zukunft.



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[1] Frankfurter Rundschau vom 13.01.2007