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19. Dezember 2006, von Michael Schöfer
115 - da werden Sie geholfen!


Für die Feuerwehr gilt bundeseinheitlich die Notrufnummer 112, bei der Polizei ist es die 110. Leicht zu merken und allgemein bekannt. Nun gibt es eine Initiative, bundesweit die Rufnummer 115 für Beschwerden, Fragen und Anregungen an die öffentliche Verwaltung einzurichten. Als Behörden-Notruf sozusagen. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist von der Idee begeistert. Unter 115 sollen künftig Experten sieben Tage in der Woche rund um die Uhr Bürger beraten und die öffentliche Verwaltung dadurch bürgernäher und transparenter machen. Keine schlechte Idee, doch wie will man sie realisieren? In New York (8,1 Mio. Einwohner) gibt es bereits ein vergleichbares Projekt, allerdings gehen dort täglich mehr als 45.000 Anrufe ein - rund 32 pro Minute oder alle zwei Sekunden einer. [1] Man kann sich leicht ausrechnen, was das hochgerechnet auf die 82,4 Mio. Einwohner Deutschlands bedeuten würde: täglich fast eine halbe Million Anrufe. Nun haben die öffentlichen Arbeitgeber die Stellen in den Verwaltungen zwischen 1994 und 2005 drastisch von 6,09 Mio. auf 4,62 Mio. reduziert. [2] Wer also soll die vielen Anrufe entgegennehmen, kompetent weiterhelfen bzw. den Bürger an das zuständige Amt vermitteln? Gegen die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen wäre ja im Grunde nichts einzuwenden, doch stöhnen die Finanzminister schon heute unter den angeblich viel zu hohen Personalkosten. Wie soll der Zielkonflikt, einerseits eine brauchbare Hilfe aufzubauen, aber andererseits die Personalkosten nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, gelöst werden? Dazu hört man bislang nichts. Der Teufel steckt eben - wie so oft - im Detail.


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[1] Frankfurter Rundschau vom 19.12.2006
[2] Frankfurter Rundschau vom 22.09.2006