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"Falls Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen."
(George Orwell, 1903-1950,
britischer Schriftsteller)
"Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben."
(André Gide, 1869-1951,
französischer Schriftsteller)
"Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht."
(Abraham Lincoln, 1809-1865,
amerikanischer Politiker)
"Ich sah an alles Tun, das unter der Sonne geschieht, und siehe, es war alles eitel und Haschen nach Wind."
(Kohelet Salomo)



02. Juli 2025, von Michael Schöfer
Wie die Lemminge? Nein, schlimmer!


Ich weiß nicht, wie die Lemminge so in Verruf geraten konnten, weil die Menschheit im Vergleich zu den Wühlmäusen viel bereitwilliger über die Klippe springt. Und das keineswegs unabsichtlich, sondern in vollem Bewusstsein. Im Unterschied zum Mythos des kollektiven Suizids der Lemminge ist das sogar eine wissenschaftlich belegte Tatsache. Aber uns bringen ja nicht einmal die Häufigkeit und die Intensität der aktuellen Hitzeperioden zum Nachdenken, geschweige denn zum Handeln. Beweis: Noch immer gibt es kein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen, wir dürfen also weiterhin mit durchgedrücktem Gaspedal an die Wand fahren. Und die kommt rasch näher. Schier unaufhaltsam.




30. Juni 2025, von Michael Schöfer
Schuld ist angeblich mal wieder die Bürokratie


Andreas Discher beklagt sich laut einem Artikel des SWR u.a. über Schutzvorgaben für den Import von Kaffeebohnen, die er als Bäcker erfüllen müsse, obwohl er selbst "noch nie auf einer Kaffeeplantage war". Vermutlich meint er die EU-Entwaldungsverordnung, von der allerdings "Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen" (KMU) kaum betroffen sind (vgl. Definition gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2013/34/EU).




18. Juni 2025, von Michael Schöfer
Drecksarbeit


Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. (Faust I) Einerseits ist das iranische Regime sicherlich eines der schlimmsten auf diesem geschundenen Planeten, und hierzulande würde ihm bestimmt keiner eine Träne nachweinen. Ausgenommen vielleicht schiitische Fundamentalisten. Andererseits ist der Präventivkrieg Israels, der das iranische Atomprogramm beenden und einen Regimewechsel herbeiführen soll, zweifelsohne ein Verstoß gegen das Völkerrecht. "Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt", schreibt die UN-Charta in Artikel 2 vor. Und Völkerrechtler sagen, dass ein Präventivkrieg nur dann erlaubt ist, wenn ein Angriff unmittelbar bevorsteht. Nach allem was man bisher weiß, war das hier nicht der Fall. Jedenfalls nicht mit iranischen Atomwaffen, über die das Land noch gar nicht verfügen soll. Von einem funktionsfähigen Sprengkopf und einem geeigneten Trägersystem sei Teheran mindestens noch ein bis zwei Jahre entfernt, meint Jan Busse, Professor für Internationale Politik und Konfliktforschung an der Universität der Bundeswehr in München.




11. Juni 2025, von Michael Schöfer
Was ist bloß aus unserer Debattenkultur geworden?


Wie endet der Ukraine-Krieg? Nun, da gibt es mehrere denkbare Möglichkeiten:

• Putin stirbt und seine Nachfolger beenden die Konfrontation mit dem Westen

• Russland setzt sich militärisch durch und erobert die Ukraine

• Die Ukraine erringt militärische Erfolge und vertreibt die Russen aus den besetzten
  Gebieten

• Beide Konfliktparteien sind erschöpft und willigen in einen Waffenstillstand ein, der
  (siehe Zypern) lange Zeit den Status quo zementiert

• Durch eine diplomatische Initiative wird ein wie auch immer gearteter Kompromiss
  erzielt, der durch Sicherheitsgarantien abgesichert wird




08. Juni 2025, von Michael Schöfer
Die Volksvertreter picken sich mal wieder die Rosinen heraus


Die Diäten der Bundestagsabgeordneten werden am 1. Juli 2025 um 5,4 Prozent erhöht, und die Höhe der Diätenanpassung folge der Lohnentwicklung, lesen wir in der Presse. Auch die Renten werden am 1. Juli 2025 erhöht, aber obgleich hier ebenfalls die Lohnentwicklung maßgeblich ist, sind es bloß 3,74 Prozent. Wie kommt das? Wenn die Erhöhung zum gleichen Zeitpunkt erfolgt und man dabei die gleiche Berechnungsgrundlage nimmt, müsste eigentlich prozentual auch das gleiche Ergebnis herauskommen. Aber falsch gedacht, die Anpassung der Renten ist niedriger als die Anpassung der Diäten der Bundestagsabgeordneten. Es gibt nämlich feine Unterschiede, der Teufel liegt bekanntlich im Detail.




05. Juni 2025, von Michael Schöfer
Für wen ist meine Gewerkschaft wirklich da?


Gewerkschaften sind die eigenständig organisierte Interessenvertretung der Arbeitnehmer - entweder im Betrieb oder in der Branche. Auch wenn man in den Medien hauptsächlich von den DGB-Gewerkschaften liest oder hört, gibt es trotzdem keine Einheitsgewerkschaft. Aber in wohl keinem Bereich existiert eine solche Zersplitterung wie in dem vergleichsweise kleinen der Polizei (bundesweit lediglich 339.000 Beschäftigte). Da konkurrieren gleich drei Gewerkschaften miteinander um Mitglieder und um Stimmen bei Personalratswahlen: die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK).




03. Juni 2025, von Michael Schöfer
Ganz schwierige Kiste für Polizisten


"Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen", sagt der Volksmund. Wenn ein Gericht die von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) vorgegebene Praxis, Asylsuchende an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, als rechtswidrig bezeichnet, kommen die ausführenden Polizeibeamten der Bundespolizei unbestreitbar in eine Zwickmühle. "Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung", legt § 63 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz fest. Kann dann der zurückweisende Bundespolizist strafrechtlich belangt werden? Grundsätzlich ja. Es sei denn, er macht von seiner Remonstrationspflicht Gebrauch. Wobei auch das mit einer Unsicherheit behaftet ist.




03. Juni 2025, von Michael Schöfer
Gilt nicht für Bundeskanzler und Bundesminister der Union

Jetzt ist genau das eingetreten, was man der Union schon im Wahlkampf prophezeit hat, dass ihre Vorschläge zur Migration rechtswidrig sind. Aber obwohl die Bundesregierung laut Grundgesetz an Recht und Gesetz gebunden ist (vgl. Artikel 20 Abs. 3 GG), erleben wir derzeit eine nahezu beispiellose Missachtung von Gerichtsurteilen. Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze als rechtswidrig deklariert, doch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) spricht von einem Einzelfall, er werde deshalb seine Anweisung nicht zurücknehmen. Dabei ist das Verwaltungsgericht in seinem Urteil grundsätzlich auf die Rechtslage eingegangen, wie sie das höherrangige EU-Recht vorgibt. Danach muss entsprechend dem Dublin-Verfahren zumindest geprüft werden, welcher Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Argumente, die für eine Notlage sprechen könnten, ließ das Gericht dagegen nicht gelten (Beschluss vom 02.06.2025, VG 6 L 191/25). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat darüber bereits mehrfach geurteilt.




01. Juni 2025, von Michael Schöfer
Was viele übersehen


Heute wählen die Polen einen neuen Staatspräsidenten, in die Stichwahl kamen der proeuropäische Bürgermeister von Warschau, Rafal Trzaskowski (Bürgerplattform), und der von der rechtspopulistischen PiS-Partei nominierte Karol Nawrocki. Ein Artikel in der Süddeutschen klärt uns lang und breit darüber auf, was für ein schlimmer Finger dieser Nawrocki ist. Das Auftreten des ehemaligen Boxers "ist aggressiv, seine Aussagen erratisch. (…) Alles, was aus Brüssel kommt, ist nach Nawrockis Aussagen letztlich antipolnisch und deutsch-französische Einmischung."