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13. Februar 2009, von Michael Schöfer
Der vollendete Nietzsche


Sie empfinden sich als Elite - weltweit, nicht bloß hierzulande. Und was das Einkommen angeht, stimmt das sogar. Banker sind reich. Steinreich. Dabei sind ihre Leistungen mehr als bescheiden. Momentan ist das Einkommen der Banker umgekehrt proportional zu den von ihnen produzierten Verlusten. Die Zeche bezahlen andere, momentan hauptsächlich der Staat, sprich der Steuerzahler. Beispiele gefällig? Kein Problem!

Die Schweizer Großbank UBS musste 2008 einen Verlust in Höhe von 20 Mrd. Franken verkraften, dessen ungeachtet zahlte sie an die Manager Boni in Höhe von 2,2 Mrd. Franken. [1] Zur Erinnerung: Bislang bekam die UBS vom Steuerzahler Finanzhilfen in Höhe von 39 Mrd. Franken. Die US-Bank Merrill Lynch meldete allein für das vierte Quartal 2008 einen Verlust von 15,3 Mrd. US-Dollar, schüttete aber dennoch großzügig 3,6 Mrd. Dollar Boni aus. Allein "die vier Mitglieder des Top-Managements sollen zusammen über 121 Millionen Dollar erhalten haben." [2] Wall-Street-Banker kassierten 2008 trotz des Zusammenbruchs der Märkte Bonuszahlungen in Höhe von 18,4 Mrd. US-Dollar, was US-Präsident Obama als "Gipfel der Verantwortungslosigkeit" brandmarkte. [3]

"Die Royal Bank of Scotland (...), die mit 20 Milliarden Pfund (rund 23 Milliarden Euro) Steuergeldern vor dem Bankrott bewahrt werden musste und nun zu 68 Prozent in Staatsbesitz ist, wird ihren Managern 1 Milliarde Pfund Sonderzulagen für 2008 zahlen." [4] Inklusive Abschreibungen hat die RBS 2008 einen Jahresverlust von 28 Mrd. Pfund eingefahren - der größte Verlust eines Unternehmens in der britischen Geschichte. [5] Und bei der Commerzbank-Tochter Dresdner Kleinwort wollen die Manager 400 Mio. Euro Boni abkassieren. [6] Die Commerzbank bekam vom Staat eine Kapitalspritze von über 18 Mrd. Euro und Garantien in Höhe von 15 Mrd. Euro.

Natürlich darf man nicht alle über einen Kamm scheren: Bei anderen Banken haben die Vorstände oder zumindest die Chefs freiwillig auf Boni verzichtet, beispielsweise bei der Deutschen Bank, Goldman Sachs und Morgan Stanley. Gleichwohl, die selbsternannte Elite zeigt ihr hässliches Gesicht, es ist geprägt von maßloser Gier und erschreckendem Realitätsverlust. Das Ganze ist quasi der vollendete Nietzsche, der die "Umwertung aller Werte" propagierte. Das ist den Bankern zweifellos gelungen.

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[1] Frankfurter Rundschau vom 11.02.2009
[2] Capital vom 12.02.2009
[3] Reuters vom 30.01.2009
[4] taz vom 11.02.2009
[5] FAZ.Net vom 10.02.2009
[6] Financial Times Deutschland vom 13.02.2009