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05. März 2017, von Michael Schöfer
Mitleidloses Geschwätz

Das Bundesverwaltungsgericht hat Schwerstkranken das Recht auf Medikamente zur schmerzlosen Selbsttötung zugebilligt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat das Urteil heftig kritisiert, die Behörden dürften sich nicht "zum Handlanger der Beihilfe zur Selbsttötung" machen. Es untergrabe das Bemühen, Selbsttötung durch Hilfe und Beratung zu verhindern. Würde und Selbstbestimmungsschutz seien ohne Lebensschutz nicht denkbar, so Gröhe. Mit Verlaub, aber das ist mitleidloses Geschwätz. Kläger war ein Mann, dessen Ehefrau durch einen Unfall vom Hals abwärts komplett gelähmt war und künstlich beatmet werden musste. Sie hatte durch häufige Krampfanfälle starke Schmerzen. Gröhe will uns also weismachen, wir müssten in so einem Fall unsere Schmerzen mit Würde aushalten, weil das der Lebensschutz angeblich erfordert? Solche Forderungen sind in Wahrheit menschenverachtend, kommen aber unter dem Signum der Menschenfreundlichkeit daher. Hier wird aus ideologischer Verbohrtheit heraus das Selbstbestimmungsrecht untergraben, das Recht auf Leben mutiert zur Pflicht zu leben. Doch wir sind nicht das Eigentum des Staates. Und wenn wir es für richtig halten, ist es allein an uns zu entscheiden, ob wir weiterleben wollen oder nicht. Wäre ich in der gleichen Situation wie die Frau des Klägers, würde ich mich auch für den schmerzlosen Suizid entscheiden.