Home | Archiv | Leserbriefe | Impressum



10. August 2024, von Michael Schöfer
Ohne Strom und Gas bleibt die Küche kalt


Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) beklagt einen starken Rückgang der Umsätze. "Laut der Verbandsumfrage setzten die Hoteliers und Gastronomen im ersten Halbjahr nominal 10,9 Prozent weniger um als im Vorjahreszeitraum. Noch dramatischer sind die Gewinne zurückgegangen. Von Januar bis Juni beträgt das Minus 22,2 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023." [1] Das ist wenig verwunderlich, denn das Preisniveau ist weiter stark gestiegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mussten Gaststättenbesucher im Juli 2024 für den Verzehr einer Hauptspeise im Vergleich zu 2020 satte 29,5 Prozent mehr bezahlen. [2]


Preisanstieg für den Verzehr einer Hauptspeise

Im Gegensatz dazu haben die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste zwischen 2020 und 2023 aber bloß um 12,7 Prozent zugenommen. [3] Im gleichen Zeitraum ist die Inflation insgesamt um 16,7 Prozent gestiegen. [4] Das heißt, die Reallöhne sind gesunken. Die Menschen können eben nur das ausgeben, was sie in der Tasche haben. Und dort, wo sie wie im Gaststättenbereich überproportional zur Kasse gebeten werden, spürt man das naturgemäß am meisten. Auf Gaststättenbesuche kann man zudem, anders als auf Güter des täglichen Bedarfs, leichter verzichten.

Bei den Gastronomen ist die Preissteigerung vor allem eine Folge der anhaltend hohen Energiepreise, denn die haben sich gegenüber 2020 bei Gas fast verdoppelt und liegen derzeit bei Strom knapp ein Drittel darüber. [5] Doch ohne Strom und Gas bleibt die Küche kalt. Um so unverständlicher ist, dass es beispielsweise das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg nicht geschafft hat, den Ausbau der vergleichsweise günstigen Windenergie zu forcieren. 2023 sind dort lediglich 14 Windkraftanlagen hinzugekommen. [6] Ursprünglich wollte die Regierung zwischen 2021 und 2026 1.000 neue Windräder errichten. [7] Doch von der vollmundig versprochenen Vergabeoffensive ist weit und breit nichts zu sehen. Ein Armutszeugnis, das u.a. die Gastronomen und ihre Gäste auszubaden haben.


Bestand an Windenergieanlagen in Baden-Württemberg

Jedem, der den Ausbau der Erneuerbaren und der zum Transport notwendigen Netze behindert, sollte klar sein, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Die Rückkehr zur sündhaft teuren Atomenergie ist keine gangbare Alternative, wie schon allein das Trauerspiel der Endlagersuche belegt. Einer Studie im Auftrag der Bundesregierung zufolge könnte sie bis 2074 dauern. Wenn CSU-Chef Markus Söder einerseits den Ausbau der Kernenergie fordert, aber andererseits sein Bundesland als Standort für hochradioaktiven Atommüll kategorisch ausschließt, fehlt mir jedes Verständnis. Das Sankt-Florian-Prinzip taugt bestenfalls für Bierzeltreden, löst aber in Wahrheit kein einziges Problem.

----------

[1] DEHOGA vom 11.07.2024
[2] Statistisches Bundesamt, Verbraucherpreisindex Gastronomie
[3] Statistisches Bundesamt, Durchschnittliche Bruttomonatsverdienste, Zeitreihe, Bruttomonatsverdienste im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich ohne Sonderzahlungen
[4] Statistisches Bundesamt, Verbraucherpreisindizes, Gesamtindex und 12 Abteilungen, Jahresdurchschnitte
[7] Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg und CDU Baden-Württemberg, Jetzt für morgen, Der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg, Seite 24, PDF-Datei mit 1,6 MB