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26. November 2025, von Michael Schöfer
Was bleibt von uns übrig?


Als vor 66 Millionen Jahren ein 10 bis 15 km großer Asteroid auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán einschlug, änderte sich das Bild unseres Planeten abrupt. Damals starben drei Viertel aller Tierarten aus. Das meiste von dem, was wir heute sehen, insbesondere die Vorherrschaft der Säugetiere, hat sich erst danach entwickelt. Die frühen Vorfahren des Menschen am Ende der Kreidezeit waren spitzmausähnliche Wesen, die nachts Jagd auf Insekten machten. Spuren dieses einschneidenden Ereignisses sind heute nur noch für Experten erkennbar, im Wesentlichen sind es die verborgenen Reste des Chicxulub-Einschlagkraters, die veränderte Zusammensetzung von Fossilien in den Gesteinsschichten und die weltweit nachweisbare Iridium-Anomalie. Hätten Menschen niemals Dinosaurierknochen ausgegraben, wäre deren unangefochtene Herrschaftszeit über die Erde (immerhin rund 170 Millionen Jahre) völlig im Dunkeln der Erdgeschichte verschwunden.

Was wird vom Homo sapiens bleiben? Dass wir die Verursacher des sechsten Massenaussterbens sind, steht mittlerweile außer Frage. Durch die massive Freisetzung von Treibhausgasen und die daraus resultierende Erderwärmung wird sich das Antlitz der Erde binnen kurzem dramatisch ändern. Von der keineswegs gebannten Gefahr eines umfassenden Atomkriegs ganz zu schweigen. Nach dem - erdgeschichtlich betrachtet - winzigen Wimpernschlag von 1.000 oder 2.000 Jahren werden die Polregionen eisfrei sein, große Gebiete des heutigen Festlandes, darunter die Millionenstädte London, New York und Shanghai, versinken aufgrund des steigenden Meeresspiegels unaufhaltsam in den Wellen der Ozeane. Für eine Weile ragen allenfalls die Spitzen der Wolkenkratzer aus dem Wasser heraus, aber in 66 Millionen Jahren sind selbst die monumentalsten Gebäude zu Staub zerfallen. Die Erosion ist unerbittlich. Ob dann noch irgendwo Angehörige unserer Spezies existieren, ist extrem unwahrscheinlich.

Was also bleibt von uns übrig, wenn die letzten Reste unserer Zivilisation endgültig verschwunden sind? Wenn wir den Ast, auf dem wir sitzen (erträgliche Umweltbedingungen), durch unser irrationales Handeln selbst abgesägt haben? Analog zur Iridium-Anomalie vielleicht bloß eine globale Schicht aus Mikroplastik oder eine aus den sogenannten "Ewigkeitschemikalien". Natürlich werden künftige Archäologen, wer immer sie sein mögen, auch die veränderte Zusammensetzung von Fossilien in den Gesteinsschichten bemerken. Wahrscheinlich werden sie sogar das versteinerte Skelett eines aufrechtgehenden Primaten ausgraben, dessen großräumige Verbreitung über alle Kontinente hinweg ihnen Rätsel aufgibt. Ich fürchte, viel mehr wird dem Zahn der Zeit kaum entrinnen.